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        Das Wahrnehmen von Raum (3 Seiten)

( Ajahn Sumedho Bhikkhu)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Während wir uns der Meditation widmen, können wir wach und aufmerksam sein. Es ist wie zuhören - mit dem Moment sein, wie er gerade ist - einfach zuhören. Was wir tun ist: die Dinge wie sie sind in unser Bewusstsein zu bringen - und nehmen Raum und Formen wahr: Das Unbedingte und das Bedingte.

Zum Beispiel können wir den Raum in einem Zimmer wahrnehmen. Die meisten Leute würden wahrscheinlich nicht den Raum wahrnehmen, sondern die Dinge darin: Die Menschen, Wände, den Boden, die Möbel. Was werden Sie tun, um den Raum wahrzunehmen? Sie werden Ihre Aufmerksamkeit von den Dingen abziehen, und sie dem Raum zuwenden. Das bedeutet nicht, dass sie die Dinge loswerden, oder   den Dingen das Recht ihrer Existenz absprechen. Es bedeutet einfach nur, dass sie sich nicht auf sie konzentrieren oder von einem Ding zum anderen gehen.

Der Raum in einem Zimmer ist friedvoll.

Die Objekte im Zimmer können erregend, anziehend, oder abstoßend sein - Raum aber hat keine Qualitäten, die erregend, anziehend oder abstoßend sind. Auch wenn der Raum nicht gleich unsere Aufmerksamkeit anzieht, können wir uns seiner trotzdem voll bewusst sein; und wir werden uns seiner bewusst, wenn wir nicht länger von den Objekten des Zimmers beansprucht werden. Wenn wir über den Raum in einem Zimmer reflektieren, empfinden wir eine gewisse Ruhe, weil Raum immer der selbe ist - der Raum um Sie- und der Raum um mich unterscheidet sich nicht. Er gehört mir nicht. Ich kann nicht sagen, „Dieser Raum gehört mir,“ oder, „Dieser Raum gehört Ihnen.“ 

Raum ist immer anwesend. Er gibt uns die Möglichkeit, innerhalb eines Zimmers zusammen zu sein - begrenzt durch Wände - aber Raum gibt es auch außerhalb des Zimmers. Das ganze Gebäude ist im Raum enthalten - die ganze Welt. Raum wird also in keiner Weise durch irgendwelche Objekte begrenzt. Wenn wir wollen, können wir Raum auf ein Zimmer begrenzen - aber Raum ist in Wirklichkeit unbegrenzt!

Der geräumige Geist

Wenn wir Raum um Menschen und Dinge wahrnehmen, eröffnet sich uns eine andere Möglichkeit sie zu sehen. Diese „geräumige“ Sichtweise zu entwickeln, ist ein Weg sich selbst zu öffnen. Wenn jemand einen geräumigen Geist hat, dann gibt es Raum für alles. Wenn jemand einen begrenzten Geist hat, gibt es nur Raum für ein paar Dinge. Alles muss manipuliert und kontrolliert werden, bis nur noch das übrig bleibt, von dem Sie glauben, dass es das Richtige ist, das, was Sie haben wollen - und alles Andere wird hinausgeworfen.

Ein Leben mit einer begrenzten Sichtweise ist beengend und beschränkend. Es ist immer ein Kampf! In ihm werden immer Spannungen entstehen, weil es einer enormen Anstrengung bedarf, alles ständig und jederzeit unter Kontrolle zu halten. Wenn Sie eine enge Sichtweise über das Leben haben, muss die Unordnung des Lebens immer geordnet werden, und Sie sind ständig damit beschäftigt, den Geist zu manipulieren, Dinge entweder abzulehnen, oder an ihnen festzuhalten. Das ist das Dukkha[1]  der Unwissenheit, das entsteht, wenn wir nicht erkennen, wie die Dinge wirklich sind.

Der geräumige Geist hat Raum für alles. Er ist wie Raum in einem Zimmer, der weder durch das was hineingeht, noch durch das was hinausgeht verletzt werden kann. Wir sagen zwar: „Der Raum ist im  Zimmer,“ aber eigentlich ist das Zimmer im Raum. Wenn es das Gebäude irgendwann nicht mehr gibt, wird der Raum immer noch da sein. Raum befindet sich um das Gebäude, aber jetzt gerade halten wir Raum in einem Zimmer „gefangen“. Mit dieser Sichtweise können wir eine neue Haltung entwickeln. Wir sehen, dass da Wände sind, die die Form des Zimmer gestalten - und da ist der Raum! Auf der einen Seite sehen wir, dass die Wände den Raum im Zimmer begrenzen, auf der anderen Seite sehen wir jedoch, dass Raum grenzenlos ist.

Wir sind geneigt etwas wie Raum nicht zu beachten, weil er nicht unsere Aufmerksamkeit auf sich zieht. Er ist nicht wie eine schöne Blume, oder wie ein schreckliches Unglück, er ist weder etwas wirklich schönes, noch etwas wirklich schreckliches, um unsere Aufmerksamkeit anzuziehen.

In einem Augenblick können Sie durch etwas aufregendes, faszinierendes oder schreckliches gebannt sein - Raum dagegen kann so etwas bei uns nicht bewirken, oder? Um Raum wahrzunehmen, müssen Sie ruhig sein, sie müssen ihn kontemplieren - denn Geräumigkeit hat keine extremen Qualitäten - sie ist einfach nur geräumig.

Blumen können sehr schön sein - strahlend rot, orange, violett und  wundervoll geformt, so dass unser Geist ganz geblendet ist. Etwas wie   Abfall kann sehr hässlich und abstoßend sein. Im Gegensatz dazu ist Raum weder schön noch ist er hässlich. Es ist nicht gleich offensichtlich, aber   ohne Raum würde es nichts geben - und ohne ihn wären wir auch nicht   fähig irgend etwas anderes zu sehen.

Wäre ein Zimmer mit Dingen ganz ausfüllen, oder wir würden es mit Beton ausgießen, würde es fest und massiv werden, und es gäbe in ihm keinen Raum mehr. Dann könnten wir natürlich auch keine schönen Blumen oder andere Dinge darin haben - es wäre einfach nur ein großer Block. Das ganze Zimmer wäre nutzlos, nicht wahr? Wir benötigen beides: Wir müssen Form und Raum zu schätzen wissen. Sie sind das perfekte Paar - die wahre Ehe - die wirkliche Harmonie - Raum und Form. Wir können Raum und Form in dieser Weise betrachten, und durch die erweiterte Sichtweise, die sich entwickelt - entsteht Weisheit!

[1]Dukkha - Leidhaftigkeit, Unzufriedenheit,  Disharmonie.

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