Vortrag bei der Hospizveranstaltung in Bad Nauheim zum Thema Sterbebekleidung/’Brücken bauen’, am 11.10.2000. (von Matthias Dhammavaro Jordan) |
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Die Geschichte des Buddhismus beginnt mit Siddharta Gautama dem späteren Buddha, und seiner Begegnung mit den vier sogenannten Himmlischen Botschaftern, nachdem er ein Leben, in weltlichen Luxus gelebt hatte. Einem Kranken – einem Alten, einem Toten Menschen und einem Asketen. Er erkannte, das auch er eines Tages durch diese Stadien (Alter, Krankheit und Tod) wandern muss und es kam in ihm der Wunsch zum entstehen, einen Bereich der Freiheit zu finden, den er später Nibbana oder die Todlosigkeit nannte. Die Betrachtungen über das Sterben und den Tod hat der Buddha als eine der wichtigsten Betrachtungen in den Vordergrund gestellt, denn es ist ja auch gleichzeitig die Betrachtung über die Vergänglichkeit. In diesem Leben ist nichts sicher - Dinge entstehen , verweilen für einen Augenblick - und vergehen wieder. Alles Ereignisse die wir selbst überprüfen können. Dieser Prozess ist nicht immer offensichtlich - zumal unsere Sinneswahrnehmungen beschränkt sind und die ständigen Veränderungen die z.B. in unserem Körper vor sich gehen nicht wahrgenommen werden können. Aber nicht nur der Körper verändert sich ständig, auch unsere Gefühle, Gedanken, Wahrnehmungen und sonstigen geistigen Prozesse. Genau betrachtet gibt es in dieser bedingten Welt nur ständige Veränderung - es hört sich schon fast an wie eine Binsenweisheit. - und doch - alles ändert sich ständig, nichts bleibt wie es ist. Geburt und Tod sind die beiden Pole zwischen denen sich das abspielt was wir Leben nennen, ein ständiger Prozess von Veränderungen, von Wechsel, Wandel, Unstabilität und Unsicherheit. Altern ist ein Prozess, der nicht plötzlich eintritt - sondern es ist eine Entwicklung, eine Hinentwicklung auf den Tod. Obwohl wir das Gefühl haben, dass diese Dinge in der Zeit geschehen, gibt es doch immer nur den gegenwärtigen, momentanen Augenblick, und nur der ist erlebbar - Vergangenheit und Zukunft sind Zeiten, die nur mit den Gedanken berührt werden können. Leben findet immer nur in einem, in diesem Moment statt und es sei an dieser Stelle garantiert, das letztendlich niemand in der Zukunft sterben wird, denn auch dieses Ereignis wird sich in einem jetzigen Moment zutragen. Konventionell gesehen sprechen wir natürlich von der Zukunft und dem uns sicheren Tod. Wenn wir also akzeptieren können, das auf körperlicher und geistiger Ebene sich immer nur wandelnde Prozesse abspielen, und das beginnt schon bei der Geburt - können wir uns fragen, wann fängt das Sterben eigentlich an, das dann schließlich im Tod endet? Nach der Buddhistischen Sichtweise ist der Tod nicht das absolute Ende eines Wesens, sondern es verbleibt eine geistige Qualität, Kraft oder Energie, wie auch immer wir das bezeichnen wollen, die dann auf Grund der gewirkten Handlungen der Vergangenheit eine angemessene, entsprechende neue Form in einem der verschiedenen Daseinsbereiche annehmen wird. der Buddha sagt, dass das Leben ein Strom von Karma ist - was übersetzt werden kann als – ein Strom von absichtsvoll gewirkten Handlungen, und diese Handlungen lassen gewisse Resultate zum entstehen kommen. Auf eine einfache Formel gebracht, könnte man sagen, das absichtsvoll gewirkte heilsame Handlungen -heilsame Resultate nach sich ziehen - und auf der anderen Seite, das unheilsame Handlungen unheilsame Resultate nach sich ziehen. Die Betonung liegt hier auf der ABSICHT, die vor unseren Handlungen steht. Wenn wir durch unseren Körper, unsere Sprache oder unseren Geist handeln, wird eine geistige Qualität diese Handlungen antreiben. Einerseits handeln wir auf Grund der sogenannten Herzenstrübungen wie Gier, Hass, Verblendung, Eifersucht, Neid, usw. - und dann haben wir aber auch die Qualitäten wie Liebe, Mitgefühl, Geduld, Großzügigkeit, Freundlichkeit in uns. Unser Leben ist also ein Strom von Handlungen, die durch diese verschiedenen heilsamen oder unheilsamen Qualitäten angetrieben werden. Wenn wir akzeptieren, dass der Tod kein plötzliches Ereignis ist sondern etwas das zum Leben gehört wie die Geburt, und das die Qualität des Lebens von der Qualität unserer absichtsvoll ausgeführten Handlungen abhängt, können wir auch sagen, das die Qualität des Todes von der Qualität unseres Lebens abhängt. Was passiert .im Moment des Sterbens.... Im Abhidhamma, eine Textsammlung der buddhistischen Psychologie, wird von den verschiedenen Stufens des Sterbens, oder des Todesprozesses gesprochen. Es wird gesagt, das der körperliche und geistige Zustand eines Menschen im Moment des Sterbens so schwach ist, dass der bewussten Kontrolle die Kraft fehlt, die eigenen Gedanken zu auszuwählen. (Was uns ja auch schon im Leben, wenn wir noch gesund sind, sehr schwer fällt.) Wir werden der Erinnerungen, man könnte sagen ausgeliefert sein, und Erinnerungen sind nichts anderes, als das bewusst werden der Verschiedenen Lebenssituationen in denen wir gehandelt haben. Allerdings wird sich im letzten Moment des Lebens ein einziger, letzter Gedanke an die Schwelle des Bewusstsein drängen. 1. Es kann der Gedanke an eine stark beeindruckende Handlung sein, die im Geist in Erinnerung gerufen wird, etwas was wir vielleicht nur einmal gemacht haben - vielleicht haben wir das Leben eines Menschen gerettet und erinnern uns daran - aber vielleicht haben wir auch jemanden das Leben genommen, und auch daran erinnern wir uns dann......... 2. ..... weiter kann der letzte Gedanke in Form eines Symbols im Geist zum Entstehen kommen - dieses Symbol ist vielleicht die helfende Hand, mit der wir jemandem unterstützt haben, und wir verstehen in diesem Moment die Bedeutung dieses Symbols. 3......oder aber es zeigt sich als letzter Gedanke ein Bild von dem ‘Ort’ unseres kommenden Existenzbereiches a. In den meisten Fällen, so wird gesagt, werden die Handlungen zum letzten aktiven Gedanken, die wir in unserem Leben ‚Gewohnheitsmäßig’ ausgeführt haben, mit denen wir uns am meisten identifizierten. b. aber es ist auch möglich, dass die wichtigste, oder schwerwiegenste Handlung die ein Mensch ausführte zum letzten Gedanken wird. c. oder aber eine Handlung die kurz vor dem Tod ausgeführt wurde. Sterbebekleidung in buddhistischen Ländern heißt u.A. dem sterbenden Menschen die Möglichkeit zu geben noch mal Gutes zu tun, z.B. in Form von Spenden an Mönche und Nonnen, so dass die damit verbundene Freude im Geist Einfluss auf den sterbenden Menschen hat. Es werden noch mal die heilsamen Handlungen, die dieser Mensch wirkte, in sein Bewusstsein gerufen. Und falls noch ungelöste Probleme im Raume stehen - das man hier die Möglichkeit wahrnimmt sich für gewisse Dinge zu entschuldigen und auf der anderen Seite anderen Menschen vergibt. Es werden gewisse Texte rezitiert die den Sterbenden an gute, heilsame Dinge denken lassen, auch an heilsame Handlungen die er in seinem Leben vollbrachte. So soll sein Bewusstsein die Möglichkeit haben auf Grund des letzten heilsamen Gedankens eine entsprechende Daseinsform zu erreichen, die man auch ein ‚nächstes Leben’ nennen kann. Der Tod ist eine sichere Sache die eines Tages eintreten wird und doch gibt es in Bezug auf fünf Dinge keine Sicherheit wie es in der Visuddhimagga steht: Die Lebensdauer - die Krankheit - der Sterbeort - die Art des Todes der Daseinsweg - das sind fünf Dinge auf der Welt die man nicht erkennen kann - da sie ohne Anzeichen sind. Im Buddhismus wird der Tod nicht tabuisiert sondern als ein wichtiges Kontemplationsobjekt gesehen. Man macht sich klar das er jeden Tag eintreten kann und man nicht erst alt werden muss bevor er eintritt. Aus diesem Grunde ist es auch angeraten sich öfters mal die Frage zu stellen: Was müsste ich noch tun, wenn ich morgen Sterben müsste? Aber da ja der Sterbeprozess nur die komprimierte Form des Lebens ist - sollten wir unser Leben mit Achtsamkeit leben und unsere Absichten kennen lernen - und nicht erst bis zum Tod warten um Unharmonieren aufzulösen. Bei wem müsste ich mich für irgendetwas entschuldigen, wem müsste ich noch verzeihen - Und was steht mir im Wege das zu tun? Da gibt es einen Menschen der immer bei uns ist und unser Leben bekleidet und auch unseren Tod - das sind wir selbst. Und auf den müssen wir am besten aufpassen. Und das hat mit Egoismus gar nichts zu tun. Denn wir bekleiden uns selbst ständig durch das Leben und auch in den Tod. Der Buddha sagte: Wer sich selbst beschützt - beschützt andere Wer andere beschützt - beschützt sich selbst. Denn wir können auch nur anderen Menschen helfen, wenn wir uns selbst zu einem gewissen Grade helfen können oder geholfen haben - natürlich auch durch die Unterstützung anderer. Aber ab einem ganz bestimmten Augenblick werden wir auch bei noch so viel Zuwendung und Hilfe von außen, alleine durch den Tod gehen müssen und begegnen dann den Resultaten vergangener Handlungen. Wir sollten im Leben nicht vergessen, das der Tod auf uns wartet und das wir alle in diesem gleichen Boot sitzen. Vielleicht bringt uns das einander näher - vielleicht wird mein Stolz und meine Arroganz - was ja trennende Faktoren sind - durch diese Betrachtung etwas abgeschwächt ... und bin ich denn nicht nur Arrogant und Stolz, geizig, gierig und so weiter wegen solcher Dinge die sich auch ständig nur wandeln und irgendwann einmal vergehen müssen? Materielle Dinge, Ruhm, Ehre und Macht oder einfach mein Persönlichkeitsbild? All’ diese Dinge müssen wir hinter uns lassen aber geistige Qualitäten werden unsere Begleiter sein - je nachdem in welche Richtung wir sie entwickelt haben. Und die Qualitäten wie Liebe und Mitgefühl, Großzügigkeit, die Fähigkeit helfen zu können, sind die Faktoren die uns verbinden. „Alle Wesen sind die Eigner ihrer Handlungen Ihre Taten sind die Geburtsstätte aus der sie entspringen - Mit ihren Taten sind sie verbunden - Ihre Taten sind ihre Zuflucht. Was immer sie tun, ob Gutes oder Schlechtes - Dessen Erbe werden sie sein. Ein Mensch der sich bemüht hat - so wird gesagt - diese Qualitäten zu entwickeln, fürchtet den Tod nicht, sondern heißt ihn willkommen - mit -Weisheit und dem Verständnis, das die Dinge so sind wie sie sind - das wir Einfluss haben aber letztendlich keine Kontrolle - und uns dem natürlichen Prozess des Todes vertrauensvoll hingeben und überlassen können. Jeder mit dem Vertrauen das er oder sie hat - in seine Religion - ihre Weltanschauung oder die Dinge, die sie für sich selbst als wahr anerkannt haben .... und im Moment des Todes können wir dann vielleicht sagen – Oh Tod - wo ist Dein Stachel. |