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Daß wir uns dieser Dinge bewußt sind, zeigt an, daß der Geist mit dem Atem in Einklang steht. In dieser Weise sollte das verstanden werden!

Ist diese Einheit von Geist und Atem nur von kurzer Dauer und sie trennen sich wieder, bezeichnet man diesen Zustand als “momentane Konzentration“ (khanika-samadhi).

Wir wollen dann den Geist wieder zurückholen und mit der Betrachtung der Atmung fortfahren. Wenn sie für einen längeren Zeitraum zusammenbleiben, scheint der Atem viel feiner geworden zu sein, fast so, als ob er gar nicht mehr da ist. Wir können ihn nicht finden. An dieser Stelle bekommen Meditierende Angst vor dem Tod. “Wohin ist mein Atem gegangen? Er war doch eben gerade noch hier...!“ Und so verlieren wir unsere Konzentration. Aus lauter Angst, daß wir sterben müssen, ziehen wir uns von diesem Zustand zurück. Aber: Wir sollten wirklich keine Angst haben! Denn die Atmung ist immer noch da; sie ist nur viel ruhiger und feiner geworden.

Wir müssen also nicht nach ihr suchen. Wir sollten nun wieder unsere Achtsamkeit mit der Wissensklarheit auf unseren Geist richten, zu unserem Meditationsobjekt zurückkehren und folgende Untersuchung anstellen: Wo genau ist der Ursprung unseres Geistes? Woher entsteht sein Denken? Was sind diese Gefühle von Glück und Zufriedenheit, die wir nun öfters erfahren?

In diesem Moment haben wir das Herz, den Geist entdeckt. Ihn sollten wir jetzt auf eine Stelle unserer Brustgegend richten. Das angenehme Gefühl, das unser Herz an dieser Stelle empfindet, sollten wir dort „einpflanzen“ und es mit Achtsamkeit und Wissensklarheit unterstützen.

Unsere aufmerksamen Betrachtungen sollten auf diese Stelle gerichtet bleiben, und nur dort lassen wir das „Denken“ entstehen. Auf diese Weise entwickelt sich eine tiefere und festere Ruhe und Gestilltheit, bis wir die Ebene der “Angrenzenden Sammlung“ (upacára samadhi) erreichen.

Hier erfahren manche ein leuchtendes Strahlen. Wenn wir nichts dergleichen erleben, sollten wir uns auf keinen Fall entmutigen lassen. Die Ausübung der Meditation hat nichts mit den Wünschen zu tun, irgend welche Visionen sehen zu wollen. Erscheinungen wie ein helles Licht oder ähnliche Dinge, sollten wir nicht erwarten, und auch nicht darüber spekulieren, was noch alles passieren kann.

Die Gemütsruhe und die Konzentration entwickeln sich nach ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten, und daß, was passiert, geschieht eben.

Niemals sollten wir uns nach irgendwelchen Himmels- oder Höllenvisionen sehnen - diese Art von erwartungsvollen Wünschen wird jeden Versuch, den Geist zur Ruhe zu bringen, verhindern!

Jeder, der seinen Geist leicht konzentrieren kann, wird diese Zufriedenheit und das Glücksgefühl sicherlich erfahren, sobald das Herz beruhigt und gestillt ist.

Ist der Geist gestillt, zufrieden, ruhig und glücklich, wird dieser Zustand von einer Freude (piti) begleitet sein, die sich bei verschiedenen Menschen auf verschiedene Art und Weise äußern wird: Unsere Körperhaare können am ganzen Körper anfangen zu prickeln, wir können das Gefühl haben, unsere Haare stehen aufrecht, oder Empfindungen kühler Frische wellen durch unseren Geist, das Gefühl, von weicher Baumwolle umhüllt zu sein, sowie Lichtblitze, die diese angenehme Kühle einleiten, so daß sich der Körper leicht und schwerelos anfühlt, als wolle er davonschweben.

Ein Meditationslehrer kann solche Erlebnisse weder bewirken noch kann er sie kontrollieren. Diese Zustände bezeichnet man als “Schwebender Körper“ und “Schwebender Geist“.

Warum fühlt sich der beruhigte Geist so leicht und “erhoben“ an? Weil er sich von den Hindernissen (nivarana[1]) befreit und diese Lasten abgelegt hat. Wir sollten uns bemühen, diese Geisteszustände zu unterstützen und zu erhalten.

Ich möchte bitten, Dinge wie das Hören von Stimmen an dieser Stelle zu umgehen. Sie klingen etwas unklar, wie Telefongespräche über weite Entfernungen, oder es passiert, daß wir scheinbar nahen oder fernen Unterhaltungen zuhören, die uns betreffen.

Jedoch werden sie aufhören, sobald sich unser Geist weiter vertieft oder er den Zustand der Konzentration verläßt.

Der Geist hat sich nun angemessen eingependelt, und es gibt keinen Grund, mit erreichten Fähigkeiten wie Hellsehen und Hellhören anzugeben.

Manche werden solche Erfahrungen nicht machen, aber was auch immer passiert, es folgt den Gesetzmäßigkeiten eines konzentrierten Geistes.

Wenn wir solche “Dinge“ hinter uns lassen, wird die Geistesruhe immer tiefer werden, und vielleicht nach einer Stunde wird das Gefühl entstehen, als ob unser physischer Körper einfach von uns abgefallen ist. Wir empfinden weder Arme noch Beine, weder die Hände noch den Körper. Wo sind sie nur?

Obwohl die Versuchung groß sein kann, unsere Augen zu öffnen, um nachzuschauen, sollten wir das nicht tun. In diesem Moment sollten wir uns um nichts Sorgen machen! Statt dessen aber noch genauer in unser Herz schauen, um zu sehen, mit welchen Dingen es sich gerade beschäftigt und es dabei unterstützen. Wenn wir dann ein überwältigendes Glücksgefühl erleben, was sich sehr lebhaft darstellen kann, ist dies die Stufe der “Vollen Sammlung“ (appaná samadhi), in dem der Geist, frei von allen Hindernissen, sich in voller Verzückung wie in einem schwebenden Zustand anfühlt.                 gm2            weiter lesen???



[1]  nivarana: “Hemmnisse/Hindernisse“, die unsere Konzentrationsfähigkeit stören: 1. Sinnenlust,

2. Übelwollen, 3. Stumpf- u. Mattheit, 4. Gewissensunruhe, 5. Zweifel.